Textilmüll, Transport und Tauschmentalität

Textilmüll durch Modenschau

Welchen Anteil hat die Textilindustrie am Klimawandel?

Vorweg: einen sehr großen. Der Run auf Billigtextilien ist groß, das Interesse der Industrie an höheren Gewinnen ebenso. Textilmüll, Transport und Tauschmentalität als Teil des Klimawandels. Was folgt ist ein Kreislauf, der die Umwelt belastet. Weltweit kaufen Textilhersteller ihre Waren in tausende Kilometer entfernten Billigländern ein, um sie dann in weiteren Billiglohnländern zum Produkt fertigen zu lassen. Manche leiten sogar die Ware zunächst nach Europa, um sie dann wieder zurück zu schicken in das Billiglohnland, das das Fertigteil produziert. Kilometerlange Transporte, jede Menge CO²-Ausstoß.

Wir akzeptieren die Mentalität der großen Textilanbieter ohne groß nachzufragen, denn sie liefert uns (vermeintlich) günstige Mode, mit der wir uns immer wieder neu erfinden können. Das deutsche Umweltbundesamt hat herausgefunden, dass hierzulande im Jahr durchschnittlich 26 Kilogramm Textilien gekauft, davon sind 12 bis 15 Kilogramm Bekleidung. Zum Vergleich: Weltweit liegt der jährliche Durchschnitt bei 8 Kilogramm. Wir Deutschen sind also Weltmeister im Textilien kaufen! Für mehr Infos:

https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/haushalt-wohnen/bekleidung

Wiederverwertung kaum noch möglich

Bildnachweis: Dieses Bild ist Teil des Berichts auf fashion united

Klar, dass wir damit auch Weltmeister im Wegwerfen sind. Der Körper verändert sich, der Geschmack auch, Altes muss Neuem weichen und voilà, wir produzieren Berge von Textilmüll, die weder zur Weitergabe an Bedürftige in unserem Land geeignet sind, noch wiederverwertet werden können.
Laut einem Bericht des Portals fashion united werden in Deutschland mehr als 1 Million Tonnen gebrauchte Textilien jährlich zur Wiederverwertung gesammelt. Laut Bericht sind das 15 Kilogramm pro Einwohner – Tendenz steigend.

Entsorgt, so der Bericht weiter, wird in Afrika und Südamerika, wobei die europäische Wegwerfmentalität in Ghana bereits eine Umweltkatastrophe ausgelöst hat, wie Sammy Oteng, Projektleiter der OR Stiftung Ghana dem Portal mitteilte. Den ganzen Bericht kann man lesen unter:

https://fashionunited.de/nachrichten/business/endstation-fuer-altkleider-entwicklungslaender-werden-zur-muellkippe-des-westens/2022020144985

Was nicht gefällt, geht retour

Neben Co² und Alt-Textil-Entsorgung ist ein weiterer großer Negativ-Effekt die Retouren, also Kleidungsstücke, die gekauft werden und aus diversen Gründen wieder zurück zum Anbieter gehen.
Die meisten Retouren fallen im E-Commerce an, denn hier ist zum einen die Optik eingeschränkt, zum anderen kann der Endverbraucher nicht erkennen, wie sich das angebotene Material auf der Haut anfühlt. Eine Anprobe ist auch erst möglich, nachdem man das Teil gekauft hat.

Dass sich im E-Commerce die Retouren häufen, ist eigentlich nachvollziehbar. Was man nur eingeschränkt betrachten, nicht befühlen und nicht anprobieren kann, führt logischerweise zu Rücksendungen.

Diese Nachvollziehbarkeit ist auch der Grund, dass die Gesetzgebung ein generelles 14-tägiges Rückgaberecht eingeräumt hat. Wie so üblich im Netz, sorgt die unpersönliche Anonymität bei manchen zum kompletten Verlust der Hemmungen. Sie bestellen wild drauf los, denn sie können ja alles wieder zurücksenden!

Retouren, die schon im Entstehungsprozess ihren Anfang nehmen

Doch die Gründe für die Retourenflut, die unser Klima bedroht, liegen viel tiefer, blickt man zurück und betrachtet den Weg eines Kleidungsstücks von der Entstehung bis zur Ankunft bei dem/der Endverbraucher*in.
Deutsche Hersteller kaufen Dinge wie Oberstoff und Zutaten von Anbietern in Ländern wie z. B. Vietnam oder Taiwan. Diese Waren werden dann in die Produktionsstätten in China, Pakistan oder Bangladesch überführt, wo das sogenannte Fertigteil entsteht. Danach dauert es noch einmal ca. 4 Monate, bis die Ware in den Läden ist.

Man stelle sich vor, man steht in seiner Küche und möchte sich mit 5 Meter langen Armen ein Brot schmieren. Man nimmt das Brot aus dem Brotkasten, öffnet den Kühlschrank, um Butter, Wurst oder Käse zu entnehmen. Man holt ein Messer aus dem Besteckkasten und legt los. Dafür hat man 5 Minuten Zeit. Das Ergebnis? Versuchen Sie es, wenn Sie können!

Bei Textilien, die weit weg gefertigt werden, ist der Effekt nicht anders. Kontrolle ist so gut wie unmöglich und man muss mit dem Endergebnis leben. Die Flächen möchten bestückt werden. Seit mittlerweile über 20 Jahren nimmt der Markt in Kauf, dass das Endergebnis möglicherweise nicht der Ausgangsidee entspricht. Man hat ja keine Wahl, die Ware muss raus.

Durch eben diese mangelnde Kontrolle erhöht sich die Zahl der Retouren deutlich, denn Wunsch und Wirklichkeit liegen womöglich weit auseinander.
Diesen textilen Retouren messen Experten einen signifikanten Anteil am Klimawandel zu.

Nachhaltigkeit – nur eine Frage des Gewissens?

Warum alle diese nachgewiesenen Umweltschädigungen immer noch in Kauf genommen werden, ist mir schleierhaft. Dass Unternehmen mit dieser Vorgehensweise immer noch auf offene Türen stoßen, ist der Grund, warum sich nichts ändert.

Die Textilindustrie muss sich neu aufstellen, das ist vielen klar. Die meisten Hersteller sehen vordergründig Oberstoffe und Zutaten als maßgeblich an.

Doch ein Kleidungsstück, das aus dem feinsten, qualitativ hochwertigstem und nachhaltigstem Stoff gefertigt wurde wird nicht nachhaltiger, wenn es weiterhin in Fabriken gefertigt wird, in denen Arbeitssicherheit keine Rolle spielt, in denen Näherinnen kaum etwas verdienen und dazu noch riskieren, krank zu werden.

Es wird nicht nachhaltiger, wenn sowohl die Zutaten als auch der Oberstoff sowie das ganze Produkt rund um den Globus transportiert wird!

Das ist MIR klar!

Katrin Lorenz-Wehmeyer

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